Im Jahr 2020 hat der Förderverein des Potsdam-Museum Rainer Ehrts POTSDAMORAMA aus einer Ausstellung in der Galerie KunstKontor für die Sammlung des Potsdam Museum angekauft. Es wird in der Ausstellung „Mehr davon! Wir sammeln Kunst“ erstmals gezeigt.

Rainer Ehrt, POTSDAMORAMA, 2017, Potsdam Museum © Rainer Ehrt, Foto Rainer Ehrt
Zu Bedeutung seines Werkes schrieb der Künstler:
Zwischen Fortuna, Atlas und Schinkel-Engel – Potsdams gute Stube im Wandel der Zeiten
»Semper talis« – »Stets gleich« war der Wahlspruch des altpreußischen Garderegiments zu Fuß, wie er’s heute noch der des Bundeswehr-Wachbataillons ist – das ist selbstverständlich kein Zufall, sondern Absicht, aber welche?
Der Potsdamer Alte Markt spiegelt wie kein zweiter Ort all die Brüche, Katastrophen, Seh- und Sehnsüchte der verschiedenen brandenburgisch-preußischen Zeitalter wieder. Knobelsdorff, Friedrichs des Zweiten kongenialer Baumeister schaute sich in Italien schöne Architekturdetails ab, die er mit königlich-preußischen Machtinsignien und reichlich antiker Mythologie hier in Szene setzte. Nachdem die alte Nikolaikirche (mit ebenfalls italianisierender Fassade) einem Brand zum Opfer gefallen war, baute man sie nicht etwa vergangenheitsselig wieder auf, sondern beauftragte einen modernen Architekten, einen gewissen Karl Friedrich Schinkel mit n e u e r Architektur. Ihm verdankt der Platz den etwas überdimensionierten Kuppelbau, dessen vier Engel aus ihrer einsamen Höhe seither so viel Segensreiches wie Unseliges gesehen haben: Glanz und Untergang der Monarchie, Weimarer Republik, den »Tag von Potsdam« und die damit eingeläutete Nazidiktatur – mit den bekannten Folgen. Die Kuppel des Rathauses krönt wiederum eine Atlas-Figur, welche (für mich) auch ein Denkmal derer ist, die nicht vorn, im Licht der Prominenz stehn, sondern im Schatten: All die unbekannten und ungenannten Bauleute, Küchenfrauen, Steineschlepper, Marschierer, Ackerbauern, kurz, die »kleinen“ Leute, ohne deren Unterwerfung, Steuern, Schweiß und Mühsal es all die schönen Fassaden gar nicht geben würde. Und die waren es ja auch, welche die Fassaden nach dem verheerenden Bombardement 1945 wieder aufrichteten – freilich ohne das schöne Knobelsdorffsche Schloß, welches keiner mehr zu brauchen glaubte. Anstelle des Schlosses herrschte einen Staat lang Brache am Ufer der Havel – bezeichnend für den ewigen Mangel und die historische Ratlosigkeit im kleineren Deutschland. Kurz vor dessen Ende wuchs dort übrigens noch der Rohbau eines Theaters aus dem Sand – längst abgeräumt und fast schon vergessen wie beinahe alles, was da mal an »Ostmoderne« war. Inzwischen ist das Schloß gewissermaßen als Kulisse (oder Attrappe) wiedererstanden: Innen Stahlbeton, außen angedübelter Barock.
Fortuna, frisch vergoldet, balanciert nach einer weiteren Runde der Geschichte wieder über dem Schloßportal auf ihrer Kugel zwischen martialischen Kriegstrophäen. Schön, unwirklich und flüchtig, wie sie ist, erinnert sie zusammen mit Atlas und Engel daran, dass eben nichts »stets gleich« bleibt, sondern sich alles stets wandelt.
(Text: Rainer Ehrt)