Aus dem Göttinger Sperrmüll ins Potsdam Museum: Porträt von Heinrich Basedow

Das Potsdam Museum hat von seinem Förderverein die letzte Schenkung des Jahres 2024 erhalten: Ein Bildnis des Potsdamer Oberstudienrates Prof. Walther Schmidt (Schleusingen, 05.11.1873 – 01.12.1945, Potsdam), der nach Recherchen von Siegfried Jahn an der heutigen Dortuschule (früher Städtisches Lyzeum mit realgymnasiastischer Studienanstalt) lehrte und 1932 vom bekannten Potsdamer Maler Heinrich Basedow d.J. (Berlin, 01.01.1896 – 12.04.1994, Kiel) porträtiert wurde.

Heinrich Basedow d.J.: Oberstudienrat Prof. Walther Schmidt (1932), Mischtechnik, vermutlich Tempera gefirnisst, auf Holz, Sammlung Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte / Die Restauratorin Grit Jemlich bei der Retusche des Gemäldes (Fotos: Oliver Max Wenske)

„Zwei Passanten fanden das Gemälde zufällig im Frühjahr im Sperrmüll in Göttingen und kamen über eine Internetrecherche auf das von uns herausgegebene Werkverzeichnis zu Heinrich Basedow und boten uns daraufhin das Gemälde für die Sammlung des Potsdam Museums an.“, beschreibt der Vereinsvorsitzende Markus Wicke die ungewöhnlichen Umstände des Erwerbs, der – ebenso wie die Restaurierung des Bildes – aus Mitgliederspenden bezahlt wurde.

„Das Gemälde ist ein beeindruckendes Zeugnis für die Beschäftigung der Künstler des frühen 20. Jahrhunderts mit historischen Maltechniken. Heinrich Basedow d.J. ist einer der wenigen Maler, die sich technologisch mit der Tratteggiotechnik der frühen Italiener wie beispielsweise Pinturicchio und der altdeutschen Malweise der Gebrüder van Eyck auseinandersetzte. Nachdem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fast ausschließlich verwendeten Farbauftrag à la prima bot ein vom Münchener Akademieprofessor Max Doerner 1921 herausgegebener Band über historische Maltechniken experimentierfreudigen Künstlern seiner Zeit die theoretischen Grundlagen. Bei der klaren Formgebung als dem auffälligsten Stilmittel in den Gemälden Basedow d.J. war diese Maltechnik ideal für dessen künstlerische Intention. Das vorliegende Porträt belegt die Meisterschaft des Künstlers bei der Beherrschung dieser für seine Zeit ungewöhnlichen und auch schwierigen Technik, bei der mit Lasuren in Tempera- und Harzölfarben und formgebenden Strichlagen gearbeitet wird. Durch die überzeugende Restaurierung von Grit Jehmlich konnte dieses detailreiche und feinsinnige Kunstwerk wieder erlebbar gemacht werden.“, würdigt Museumskonservator Oliver Max Wenske die Neuerwerbung.

Das Gros der Porträts von Basedow sind Auftragswerke, stilistisch im Bogen zwischen Realismus und Neuer Sachlichkeit angesiedelt.  Zwischen 1925 und 1939 war Basedow fester Bestandteil der Potsdamer Künstlerschaft und Gesellschaft (Mitglied im Potsdamer Kunstverein, in der Gilde der Potsdamer Künstler, im Kurmärkischen Künstlerbund und in der Reichskulturkammer der bildenden Künste). Seine Porträts aus diesen Jahren lesen sich wie ein “Who is Who“ der Potsdamer Gesellschaft. Bilder von ihm waren in Ausstellungen des Potsdamer Kunstvereins, während der Gildewochen oder im Leibreitstall vertreten und wurden für die Städtische Sammlung angekauft.

Wie viele seiner jungen Künstlerkollegen stand Basedow dem aufkommenden Nationalsozialismus unkritisch bis begeistert gegenüber. Er trat bereits 1930 in die NSDAP und die SA ein und wurde im Oktober 1935 durch den Oberbürgermeister von Potsdam, Hans Friedrichs, zum Ratsherrn berufen. In dieser Funktion war er auch Beiratsmitglied des Städtischen Heimatmuseums (heute Potsdam Museum).

Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem er bei der Kriegsmarine diente, konnte er nach anfänglichen Schwierigkeiten seine Karriere als Maler in Kiel erfolgreich fortsetzen. 2024 war Heinrich Basedow d.J. einer der Künstler, deren Biographie in der Ausstellung „Bauhaus und Nationalsozialismus“ (Bauhaus-Museum Weimar in der Klassik-Stiftung Weimar, 9. Mai – 15. September 2024) thematisiert wurde.