Dem VERGESSEN entrissen: Über 2.000 Besucher sahen die Fotos von Joachim Liebe

Ausstellung des Fördervereins im Kunstraum Potsdam war großer Erfolg

Die Ausstellung VERGESSEN mit Fotos von Joachim Liebe hatte während des Ausstellungsverlaufs insgesamt 2.087 Besucherinnen und Besucher, darunter Prominente aus Politik und Kultur, wie die Schriftsteller Lutz Seiler und Christa Müller, den amtierenden Ministerpräsidenten Dr. Dietmar Woidke und seinen Vorgänger Matthias Platzeck, die Landesminister Prof. Sabine Kunst, Diana Golze, Günter Baaske, Christian Görke, Dr. Helmuth Markov, die Bundestagsabgordnete Andrea Wicklein, den Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs und die Vorsitzende des Kulturausschusses der Landeshauptstadt Potsdam Dr. Karin Schröter.

Drei Bilderzyklen zeigten mehr als 60 Fotografien aus einem Langzeitprojekt

Es ist über 25 Jahre her, dass Teile der ehemaligen Sowjetarmee im Rahmen des Zwei-plus-Vier-Vertrages aus Deutschland abgezogen wurden. Mehr als vier Jahrzehnte  waren die sowjetischen, am Ende russischen Soldaten und Offiziere, deren Zivilbeschäftigte und ihre Angehörigen in vielen Orten Ostdeutschlands stationiert. Die Hinterlassenschaften des Enklaven-Lebens der am Ende offiziell „Westgruppe der Truppen der sowjetischen Streitkräfte“ (WGT) genannten Verbände aber sind bis heute unübersehbar.

© Joachim Liebe: Krampnitz Dezember 1990

© Joachim Liebe: Krampnitz Dezember 1990

Der Potsdamer Fotograf Joachim Liebe hat sich über einen langen Zeitraum so intensiv wie wohl kein anderer mit diesem Thema auseinandergesetzt. Mehr als 24 Jahre beschäftigte er sich mit dem Abzug der Russen, den von ihnen verlassenen Orten und den Spuren derjenigen unter ihnen, für die es keine Rückkehr in die Heimat gab und die auf deutschem Boden ihre letzte Ruhe gefunden haben.

Mit der Ausstellung VERGESSEN schließt er dieses Langzeitprojekt ab. In drei konzeptionell aneinandergefügten Bilderzyklen präsentierte er im Potsdamer Kunstraum mehr als 60 Fotografien, die zum einen während der Zeit des Abzugs zwischen 1990 und 1994 und zum anderen in den vergangenen Jahren entstanden sind.

Nachdem Joachim Liebe Anfang der 1990er Jahre erstmals hinter die bis dahin stets verschlossenen Kasernenmauern geschaut hatte, wollte er mehr erfahren über die Soldaten, die fern ihrer Heimat über einen langen Zeitraum hinweg einen – sofern sie nicht dem Offiziersrang angehörten – oft entbehrungsvollen Alltag hatten. Er beschloss, die einzelnen Abzugsetappen an verschiedenen Garnisonsstandorten mit der Kamera zu begleiten. Mit seinen Bildern wollte er zum einen die Lebensspuren der nun Heimkehrenden festhalten, zum anderen aber auch die Erinnerung daran, dass ihre Väter und Großväter es einst waren, die Deutschland 1945 befreit hatten. Diese Fotografien geben einen authentischen Einblick in das Leben der Militärangehörigen während der letzten Zeit ihres Aufenthaltes in Deutschland.

© Joachim Liebe: Jüterbog April 2001

© Joachim Liebe: Jüterbog April 2001

Jahre später begab sich Liebe erneut an die Orte der einstigen, inzwischen verlassenen Liegenschaften. Bei dieser Spurensuche versuchte er die besondere Ästhetik des Verfalls, die diesen Geisterstädten innewohnt, einzufangen. Nunmehr sich selbst und der Macht der Natur überlassen, erscheinen die in ihnen beheimateten Relikte früheren Lebens wie aus der Zeit gefallen.

© Joachim Liebe: Andrej Siljajew 1927-1950

© Joachim Liebe: Andrej Siljajew 1927-1950

An dieses langsame Verschwinden knüpfen auf eine ganz besondere Art Joachim Liebes fotografische Beobachtungen auf dem Sowjetischen Friedhof in Potsdam an. Die Grabsteine der hier bestatteten Soldaten, Offiziere und ihrer Angehörigen weisen ein stark individualisierendes Charakteristikum auf: Neben den Lebensdaten und militärischen Rängen finden sich auf ihnen Porträtabbildungen der Verstorbenen – in Form von in Emaille oder hinter Glas gebannten Fotos.

Bei einigen von ihnen wirkt das Gesicht noch immer so deutlich wie am ersten Tag, bei anderen verschwimmt es durch Verwitterung und lässt Umrisse nur noch erahnen. Wie zum Trotz zeugen diese Bildeinlassungen vom Versuch, Entschwundenes zu bewahren. Und dennoch begeben auch sie sich, ebenso wie die ehemaligen Garnisonsareale, auf den Weg in das unvermeidliche Vergessen.

Diesem Vergessen will Joachim Liebe seine Fotografien entgegenstellen.

Presseresonanz / Besprechungen:

„Abzüge vom Abzug“ in den Potsdamer Neuesten Nachrichten vom 9.4.2015

„Das verrückte Russengrün“, Interview mit Joachim Liebe in der TAZ vom 18.04.2015

„Sowjetarmee – Als die Russen gingen“, DIE ZEIT, 16.03.2016

Interview mit Joachim Liebe im rbb-Kulturradio vom 11.04.2015:

Fotografien von Joachim Liebe

11.04.2015 – 17.05.2015
Kunstraum Potsdam
Schiffbauergasse 4 D
14467 Potsdam

Mi-So 12 bis 18 Uhr
Eintritt frei

Eine Ausstellung in Kooperation mit

Filmmuseum Potsdam
POTSDAM MUSEUM – Forum für Kunst und Geschichte
Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb)

Kuratorin Susanne K. Fienhold Sheen
Koordination
Siegfried Dittler, Markus Wicke
Öffentlichkeitsarbeit Patrick Dengl, Barbara Mädler-Vormfeld
Fundraising / Koordination Begleitprogramm Barbara Mädler-Vormfeld, Markus Wicke
Ausstellungsplanung Mike Gessner
Gestaltung Susanne Stich (Bürostich) Druck / Produktion digidax , Foto-Utech

Mit freundlicher Unterstützung durch
GAZPROM Germania GmbH
Landeshauptstadt Potsdam
Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB)
Le Saint Spirits Ltd.

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