Das Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte hat von seinem Förderverein eine wertvolle Schenkung von insgesamt 11 Glasplattennegativen erhalten, die u.a. das Grundstück und Mitglieder des früheren Ruderklubs Vineta zeigen. Die Bilder, die vemutlich um 1930 entstanden sind, stammen offenbar aus Privatbesitz, wurden vom Museum über ein Internetauktionshaus entdeckt und vom Förderverein erworben.

Drei Klubmitglieder vor dem „Vineta“-Klubhaus nahe der Glienicker Brücke, das 1910 eingeweiht und 1979 abgerissen wurde. (C) Potsdam Museum – Forum für Kunst und Gechichte
„Wir freuen uns, dass die Sammlung des Potsdam Museums damit ein weiteres Zeugnis der Alltagskultur aus der Potsdamer Sportgeschichte erhält“, so der Vereinsvorsitzende Markus Wicke. Bislang besitzt das Potsdam Museum lediglich Amateurfilmaufnahmen, die das Vineta-Klubleben zeigen, Fotos waren bisher nicht in der Sammlung vertreten.
Der Ruderklub „Vineta“ gilt als Urzelle des Potsdamer Rudersports und wurde bereits am 3. Mai 1883 von 5 Oberrealschülern „zur Förderung der körperlichen Kraft und zum Zwecke des Zusammenhaltes und des Vergnügens“ gegründet. Nachdem man sich aufgrund fehlender Finanzen zunächst nur Ruderboote lieh, konnte 1887 das erste eigene Boot erworben werden; im selben Jahr trat der Verein dem Deutschen Ruderverband bei. Nach weiteren Bootskäufen sah sich der stetig wachsende Klub nach einem Grundstück um, was sich am Ende der heutigen Berliner Straße nahe der Glienicker Brücke fand und 1894 erworben werden konnte. 1895 erfolgte der Bau des ersten einfachen festen Bootshauses, ein Jahr später zählte der Verein bereits 100 Mitglieder.

Eines der klubeigenen Ruderboote vor dem Bootsschuppen des „Vineta“- Klubhauses. (C) Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte
Am 16. Oktober 1910 wurde das große repräsentative Klubhaus eingeweiht, das auf den nun angekauften Fotos für das Potsdam Museum zu sehen ist. Nach einem kriegsbedingten Einbruch der Vereinstätigkeit stabilisierte sich „Vineta“ um 1920 wieder und trat dem „Havel-Regatta-Verein“ bei, der die international bekannte große Potsdamer Ruder-Regatta ausrichtete. Um 1923 hatte der in Wettkämpfen erfolgreiche Ruderverein bereits 281 Mitglieder. 1928 wurde eine Damenabteilung gegründet, die ein Haus auf einem Nachbargelände zugewiesen bekam. Der Machtantritt der Nationalsozialisten brachte eine Militarisierung des Rudersports als „Kampfsportart“ und eine Gleichschaltung des sportlichen Klub- und Vereinswesens mit sich. 1939 hatte „Vineta“ etwa 300 Mitglieder, im Zweiten Weltkrieg wurde der Vereinssport vor allem durch die männlichen und weiblichen Jugendmannschaften aufrechterhalten. Von 1940 bis zu den letzten Kriegsmeisterschaften im Jahr 1944 errang der Ruderclub „Vineta“ so vier Gold- und vier Silbermedaillen; am Ende des Krieges zählte der Klub 450 Mitglieder.

Die Vereinsfahne des 1883 gegründeten „Vineta“-Ruderklubs mit dem charakteristischen blauen V und den beiden ebenfalls blauen Streifen auf weißem Grund. Darunter ist der Wimpel des Havel-Regatta-Vereins zu sehen, dem Vineta 1920 beitrat. (C) Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte
1945 wurde das Vereinsgelände aufgrund eines Befehls des SMAD beschlagnahmt, 1946 durften Mitglieder nur noch die Vereinsfahne und andere Memorabilia vom Gelände holen. Nach 1961 lag das Gelände im Grenzgebiet zu Westberlin; die insgesamt drei Bootshäuser wurden aufgrund fehlender Sichtfreiheit von den Grenztruppen abgerissen, das letzte im Jahr 1983. Das auf den Fotos zu sehende Klubhaus wurde bereits 1979 dem Erdboden gleichgemacht. Nach der Wende kümmerte sich ein Traditionsverein um das Vineta-Erbe, eine angestrebte Rückübertragung des 1945 enteigneten Geländes scheiterte jedoch.
Quelle zur „Vineta“-Geschichte: Potsdamer Rudergesellschaft (Hrsg.): 110 Jahre Rudersport in Potsdam, Potsdam 1993 / Archiv Dr. Klaus Arlt