#WIRSAMMELN // 7 Lieder aus und über Potsdam als Sammelobjekt

Potsdam im Lied, Lieder über Potsdam, Potsdamer Liedermacher und Potsdamer Interpreten auf Tonträgern – dieses Sammelgebiet gibt weit mehr her als Herms Niels Marschmusik, Brechts/Weills „Zu Potsdam unter den Eichen“ oder Peter Hacks‘ „Du altes Havelnest“.

Zu den ersten auf Tonträgern überlieferten Potsdamliedern zählen in einer vom Militär geprägten Stadt natürlich Märsche wie der „Armeemarsch der Potsdamer Garde du Corps“, die hier entstandene „Festfanfare“ von Walter Harmens oder die Aufnahmen der jeweiligen Musikabteilungen zahlreicher Potsdamer Regimenter. Eher eigenwillig sind auf Schallplatte gebannte sogenannte Tongemälde wie „Ein Tag in Potsdam“ und sogenannte Charakterstücke wie „Rosentraum in Sanssouci“ oder der „Aufzug der Stadtwache“. Dies sind akustische Stimmungsbilder, zu denen sich Musik und Originalklänge (die Glocken der Garnisonkirche dürfen nie fehlen!) über sechs Minuten lang verdichten.

Für Kenner und Traditionalisten kamen dagegen Volkslieder in den Verkauf, die von Potsdamer Sängerchören (wie dem Madrigalchor oder dem Männergesangverein) eingesungen wurden. Auch Aufnahmen mit einer Flöte Friedrichs II. aus dem Potsdamer Stadtmuseum verkauften sich. Sie blieben jedoch eher Nischenprodukte und sind heute dementsprechend selten zu finden. Gassenhauer dagegen wurden Potsdamlieder aus Operetten, wie z.B. der Bühnenmarsch „In Potsdam im Bürgerquartiere“ von Walter Goetze.

Vor 1933 prägten Süßlichkeit und aristokratischer Kitsch fast alle veröffentlichten Potsdamlieder: Ob des NS-vertriebenen Komponisten Robert Stolz Edelschnulze „Komm in den Park von Sanssouci (komm, diese Nacht vergisst du nie)“ oder Hans Ailbouts „Potsdamer Linde“ oder Fred Raymonds „Zu Potsdam war ein Grenadier“ – die Strickmuster sind immer gleich. Der unrühmliche „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933 bekam seine eigene Tondichtung und wurde durch mehrere Aufnahmen festgehalten. Ab diesem Tag kennzeichnen vor allem Pathos und Paukenschlag die Lieder über – und aus – Potsdam: Herms Niel war hier sowohl als Komponist wie als Musikzugführer des RAD in Potsdam-Golm stilprägend. Ungezählt seine Schallplatten- und Rundfunkaufnahmen.

Nach 1945 kehrte man im Westteil Deutschlands zum alten Abziehbild der ‚Stadt Friedrichs des Großen‘ zurück. Rückwärtsgewandte Wehmut über das Verlorene prägt hier die kommerziellen Potsdam-Schlager: Ob Friedel Hensch „Die alte Mühle im Park von Sanssouci“ besingt, ob Renée Franke die tanzbare „Sanssouci-Melodie“ zum besten gibt, ob Margit Dennhardt und Kurt Zenz „Auf einer kleinen Bank in Sanssouci“ dahinschmelzen, ob Hans-Georg Arlt den „Tango Militaire“ und den „Tango Sanssouci“ ins Mikro streicht. Zu Verkaufsschlagern zählte in Zeiten des Kalten Krieges auch das gelesene und rezitierte Wachhalten der Erinnerung an die alte Residenzstadt, die z.B. in den erzählten Erinnerungen der Herzogin Viktoria Luise und in aristokratischen Schnurren oder alten Militärwitzen des Schauspielers Hubert von Meyerinck zum Ausdruck kommt.

Wenn dagegen der Bauarbeiterchor des Potsdamer WBK das „Lied der Potsdamer Wohnungsbauer“ oder die Singegruppe Spartakus der Pädagogischen Hochschule das Lied vom „Mathelehrer Klein“ anstimmen, spiegelt dies klanglich das nüchterne und reale, aber fast schon ungenießbar trockene Selbstverständnis im Ostteil Deutschlands wieder. Solche Zeugnisse der 1970er Jahre erinnern fast wieder an die Lieder der Potsdamer Gesangvereine – die vierzig Jahre vorher auch nur regionale Beachtung fanden, und die man genauso für wert hielt, auf Schallplatte zu pressen.

All das müssten wir Heutigen endlich einmal wieder hören können. Zum Gehörtwerden immerhin sind die Lieder einst entstanden. Inzwischen sind sie außerdem zu Zeugnissen ihrer Zeit geworden. Kann es eine Wiederveröffentlichung geben? Vielleicht sogar mit Hilfe des Fördervereins? Warten wir es ab. Genau zu diesem Zweck jedenfalls wurde und wird das Thema „Potsdam im Lied“ privat gesammelt.

Unter der Rubrik #WIRSAMMELN stellen wir in loser Folge Objekte der Sammelleidenschaft unserer Mitglieder vor.  Alle Einträge erfolgen anonym. Wenn Sie Fragen dazu haben oder einen Kontakt zum Sammler wünschen, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns per E-mail unter wirsammeln@fvpm.de auf; wir vermitteln Sie dann gern an den Sammler.