„28/7 Potsdam (Bornim) Hochverehrter Graf! Dank für Ihren gütigen Brief. Meine schwächern Augen erlauben mir keine Beantwortung Ihrer einzelnen Worte. Ich bin vor 54 Jahren aus dem Judentum ausgetreten, trotzdem sind meine Bücher verboten, und ich leide mit meiner Frau – aus dem Hause Kleist – bitterste Not. Sie können mir nicht helfen, selbst wenn Sie wollten … Ich schuldete Ihnen diese Mitteilung, denn wahrscheinlich haben Sie nicht gewußt, daß ich jüdischer Herkunft bin. Verehrungsvoll, Engel.“
Der hier 1938 einen seiner letzten Briefe schreibt, war einst ein vielgelesener Publizist – auch wenn er, als Fremdworthasser, dieses Wort schroff abgelehnt hätte. Er wollte deutsch schreiben, denn er fühlte sich kerndeutsch: „Kriegspapier und Einband Schund, / aber deutsch mit Herz und Mund“, schrieb er seinem Jugendfreund Leo Blau als Widmung in eines seiner (selbst im 1. Weltkrieg vielverkauften) Bücher.
Doch als ‚undeutscher‘ Literat und als ‚nichtarisch‘ wurde er mit dem Machtantritt des Nationalsozialismus 1933 verfemt und abgelehnt. In nur wenigen Monaten war es vorbei mit dem jahrzehntelangen Ruhm. Seine Pension strich man ihm. Er begann zu verarmen. Verleger Eucharius Schmid und die Witwe Karl Mays halfen ihrem alten Freund öfter mit Geldgeschenken, die sich der Greis nicht nur bei diesen beiden Freunden bis über die Schamgrenzen in Briefen erbitten musste.

Eduard Engel hinterließ ein breitgefächertes Werk. Die meisten seiner Werke wurden in einer Potsdamer Privatsammlung zusammengetragen.
Andere Schicksalsgenossen waren in alle Himmelsrichtungen geflohen – sofern sie noch Geld dafür aufbringen konnten und die Gefahr rechtzeitig erkannt hatten. So floh auch sein ebenfalls als Jude verfolgter schon erwähnter Jugendfreund Leo Blau vom Burgenland über Jugoslawien nach Shanghai und USA: „In Deutschland hat man mich fortgeschickt, in Palästina wollte man mich nicht haben, in Amerika war ich ein Refugee.“ Zurückgelassen und verstreut waren alle Habseligkeiten, darunter das Buch mit der oben genannten Widmung. 1938 stirbt Eduard Engel wenige Tage, nachdem er wegen eines Blasenleidens aus dem St.-Josef-Krankenhaus entlassen wurde und von der ‚Reichskristallnacht‘ in der Zeitung lesen musste.
Spuren jüdischer Potsdamer vor 1945 sollte man bewahren, wo man ihnen begegnet. Denn es gibt nicht mehr viele davon. Um festzuhalten, was heute noch vom ‚Engel aus Bornim‘ vereinzelt zu finden ist, sammelt ein Vereinsmitglied Schriftstücke und Bücher mit seinen Widmungen – und kümmert sich hier in seiner früheren Wahlheimat Potsdam um die Erinnerung an ihn.